Tess by Hardy Thomas

Tess by Hardy Thomas

Autor:Hardy, Thomas [Hardy, Thomas]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: dtv Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München
veröffentlicht: 2015-07-29T16:00:00+00:00


Die niemals kleidet eine Frau,

Die auch nur einmal fehlte –,

die Mrs. Durbeyfield ihr als Kind vorgesungen hatte, so fröhlich und so schalkhaft, mit dem Fuß an der Wiege, die sie zu der Melodie hin und her schaukelte. Wenn diese Robe sie nun verriete, indem sie die Farbe wechselte, so wie sie die Königin Ginevra verraten hatte. Seit sie in der Meierei war, hatte sie nicht ein einziges Mal bis heute an diese Zeilen gedacht.

33

Angel fühlte, daß er gern vor der Hochzeit einen Tag mit Tess verbringen würde, irgendwo ein Stück weg von der Meierei – ein letzter Ausflug in ihrer Gesellschaft, solange sie noch Liebhaber und Geliebte waren; ein romantischer Tag, unter Umständen, die niemals wiederkehren sollten, während jener andere, bedeutendere Tag seine Strahlen schon vorauswarf. In der Woche vor der Hochzeit schlug er also vor, in der nächsten Stadt einige Einkäufe zu machen, und sie brachen zusammen auf.

Clares Leben in der Meierei war hinsichtlich der Welt seiner eigenen Klasse das eines Einsiedlers gewesen. Monatelang war er nicht einmal in die Nähe einer Stadt gekommen und hatte sich, da er kein Fahrzeug brauchte, niemals eins gehalten, sondern sich das Pferd oder das Gig des Meiers nur ausgeliehen, wenn er irgendwohin reiten oder fahren mußte. An diesem Tag fuhren sie mit dem Gig.

Und dann kauften sie zum erstenmal in ihrem Leben als Partner in gleicher Sache zusammen ein. Es war Heiligabend, mit seinen Mengen von Stechpalmen- und Mistelzweigen, und die Stadt war voll von Fremden, die wegen dieses Tages aus allen Teilen der Gegend gekommen waren. Tess bezahlte die Strafe dafür, daß sie mit einer Glückseligkeit umherging, die ihre Schönheit noch erhöhte, damit daß sie sehr viel angestarrt wurde, während sie sich unter ihnen an seinem Arm erging.

Am Abend kehrten sie zu dem Wirtshaus zurück, in dem sie abgestiegen waren, und Tess wartete im Eingang, während sich Angel darum kümmerte, daß das Pferd und das Gig vor die Tür gebracht wurden. Das allgemeine Aufenthaltszimmer war voller Gäste, die ständig rein und raus gingen. Und während die Tür dabei jedesmal geöffnet und geschlossen wurde, fiel das Licht von drinnen voll auf Tess’ Gesicht. Dann kamen zwei Männer heraus und gingen mit den anderen an ihr vorbei. Einer von ihnen hatte sie überrascht von oben bis unten gemustert, und sie glaubte, er sei aus Trantridge, obgleich dieses Dorf so viele Meilen entfernt lag, daß Leute von dort selten hierherkamen.

»Ein hübsches Mädchen ist das«, sagte der andere.

»Ja, recht hübsch. Aber wenn ich mich nicht sehr irre, kein . . .«

Clare war gerade vom Stall zurückgekommen, und da er dem Mann auf der Schwelle begegnete, hörte er die Worte und sah, wie Tess zurückwich. Die Beleidigung ihr gegenüber kränkte ihn aufs empfindlichste, und ehe er überhaupt irgend etwas bedacht hatte, versetzte er dem Mann mit voller Kraft einen solchen Faustschlag vors Kinn, daß dieser taumelnd nach hinten in den Gang stürzte.

Der Mann erholte sich wieder und schien geneigt, auf Clare loszugehen; dieser trat hinaus und nahm Verteidigungshaltung ein. Doch sein Gegner besann sich eines Besseren.



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